Das ist leider schon vorbei ...

Hier finden Sie Berichte und Fotos zu den großen Veranstaltungen im Rahmen von
STEPHAN BALKENHOL in SANKT ELISABETH:

 

26. August: Den Balkenhol-Figuren eine Stimme geben

Von Angesicht zu Angesicht: Sehen und Erkennen

Der Bildhauer Stephan Balkenhol, der die Kasseler Kirche Sankt Elisabeth mit Holzreliefs und Figuren künstlerisch gestaltet hat, sagt über seine Arbeiten: „Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles. Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken.“
Prof. Dr. Ilse Müllner von der Universität Kassel hat sich mit Studierenden des Fachs „Biblische Theologie“ darangemacht, einigen der Geheimnisse auf die Spur zu kommen. Dabei verleihen Tobias Hansen, Lars Heldt, Marion Heßberger, Franziska Luksch und Theresa Michel manchen Relieffiguren eine eigene Stimme.
Der "Mann mit dunkelblauem Hemd", die "Frau mit blondem Haar", der "Mann mit Tod" und Frau und Mann in der "Paradies"-Darstellung geben so einen vorübergehenden Einblick in ihre Geheimnisse. Prof. Müllner widmet ihre Fragen dem "Augenkreuz" von Stephan Balkenhol. Das sind vier Relieftafeln mit zahlreichen Augen. Der leere Raum zwischen den Innenkanten der Tafeln ergibt wiederum ein Kreuz. "Wer schaut hier wen an? Wen sehe ich, wenn ich dich sehe?"
Der Kasseler Schlagwerker Olaf Pyras improvisiert dazu mit verschiedenen Klangmaterialien.
So wandelt sich Sankt Elisabeth in einen Seh-, Stimmen- und Klangraum, der es für das Publikum am Sonntag, den 26. August, 16:30 Uhr, "in sich hat".

 

Fühlen Sie sich beobachtet?
Fühlen Sie sich gesehen?
Wer sieht hier wen?
Wer schaut wen an?
Wen sehe ich, wenn ich Dich sehe?
Wer glaube ich, dass Du bist?
Wir laden Sie ein zum Schauen und zum Hören. Zum Betrachten von Skulpturen, Worten und Musik.

Der „Mann im dunkelblauen Hemd“ sagt:
Ich suche und ich möchte finden. Doch bin ich plötzlich älter und erwachsen geworden und nahm eine Identität an, die zu mir passt. Sie passt wie mein dunkelblaues Hemd und meine weiße Hose. Diese Kleidung gewährt mir Schutz und Geborgenheit, in einer Zeit in der ich mich den unterschiedlichsten Herausforderungen stellen muss. In meiner Ausbildung lernte ich ... weiter [in der pdf] ... 

26.8.: Tobias Hansen: Mann mit dunkelblauem Hemd

Was sagt der Mann im blauen Hemd zu Ihnen?
Vielleicht ist es Ihnen schon aufgefallen: Je nachdem von wo aus Sie ihn anschauen, verändert sich die Stimmung des Mannes. Der Blickwinkel des Betrachters, der Betrachterin, verändert den Gegenstand.

Lebendiger, du hast mich erforscht und kennst mich.
Du weißt, ob ich sitze oder stehe,
du verstehst meine Gedanken von fern.
Mein Gehen und mein Liegen – du misst es ab.
Mit all meinen Wegen bist du vertraut.
Kein Wort ist auf meiner Zunge
Lebendiger, du kennst sie alle.

Wie lebt es sich im Angesicht Gottes? Verändert das Bewusstsein, von Gott angeschaut zu werden, das Leben? Zum Guten oder zum Schlechten?

Mit dem Augenkreuz ergeht es den Menschen ähnlich wie mit den Worten aus Ps 139. Manche fühlen sich ausspioniert, assoziieren George Orwells bigbrotheriswatchingyou. Gott kommt ihnen als Kontrolleur ihres Lebens entgegen, die Augen verfolgen Sie überall hin. Jeder Ort wird so zu einem, an dem man sich nicht verstecken kann, es aber doch so gerne würde.

Andere erleben unter dem Blick Gottes das Aufatmen, das wir aus liebenden Beziehungen kennen. Wenn Du mich anschaust, fühle ich mich schöner, größer, ruhiger … Unter diesem Blick, dem Blick dessen der sah, dass es gut war, bin ich gut so wie ich bin und muss mich nicht anstrengen, eine andere zu sein.

Die „Frau mit blondem Haar“ sagt:
Gestatten… Ich bin die Frau mit dem blonden Haar. Hier habe ich meinen Platz gefunden… Im Heute, im Hier und im Jetzt. Mein Blick geht nach vorne… Ich sehe in den Raum. Ich sehe mit größter Freude und einem lächelnden Herz, mit strahlenden Augen und faszinierender Neugier  ... weiter [in der pdf] ... 

26.8. Marion-Hessberger: Frau mit blondem Haar

Der „Mann mit dunkelblauem Hemd“ sagt:
Ich erwarte, dass ich durch meine Tageszeitung informiert werde. Ist mir ein Artikel zu subjektiv, verfasse ich einen Leserbrief. Schließlich muss ich informiert sein über die Dinge. Wenn ich etwas Persönliches lesen möchte, schlage ich einen Roman auf. Aber nicht  ... weiter [in der pdf] ... 

26.8.: Franziska Luksch: Mann mit dunkelblauem Hemd

Der Mann im blauen Hemd und die Frau mit dem blonden Haar kommen direkt aus unserer Gegenwart.
Ein bildhauerischer Jedermann, eine Jedefrau stehen uns gegenüber. Aber auch ihr Leben geht nicht auf in beruflichem Erfolg, in Nespresso-Vollautomaten, im Heute, im Hier und im Jetzt. Auch hinter ihnen steht wie hinter jedermann und jedefrau eine Geschichte von Menschen. Für viele ist es eine Geschichte Gottes mit den Menschen. Das ist eine Geschichte, in die hinein eine junge Frau ihr großes Ja gesprochen und einen Sohn geboren hat, der das Ja Gottes zu seinen Menschen voll und ganz gelebt hat. Auch noch das Ja gelebt hat in das große Nein von Menschen zu Ihm.

Es ist eine Geschichte Gottes mit den Menschen, die bis in die Urszenen des Mensch-Seins hineinreicht, wo Menschen in die Welt kommen und aus ihr wieder hinausgehen. „Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen.“ (Ps 139,8)

Die Figuren im „Paradies“ sprechen:
Da nahm Gott, der Herr, Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendes Wesen. ( Gen 2, 4b). Gott, der Herr, brachte also den Menschen in den Garten Eden. Er übertrug ihm die Aufgabe, den Garten zu pflegen und zu schützen. ( Gen 2, 15) Doch Adam, der Mensch fühlte sich einsam und fand keines unter den Tieren, welches ihm glich. Da formte Gott Eva. Von nun an lebten Frau und Mann gemeinsam auf der Erde. Die beiden waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander. (Gen 2, 25) Doch es kam eine Zeit ... weiter [in der pdf] ...

26.8.: Therese Michel: Paradies

Der „Mann“ sagt:
Mit müden Augen starre ich in den Spiegel und hoffe auf ein Zeichen von meiner Geliebten, doch sehe ich nichts als Kälte und Tod. Mein Spiegelbild starrt leer zurück, doch bin das wirklich ich? Ist das wirklich sie? Und jetzt frage ich dich: Mein Gott, mein Gott, warum hat sie mich verlassen? Ich schreie, aber deine Hilfe ist fern. Mein Gott, des Tags suche ich, doch zeigt sie sich nicht. Sogar des Nachts finde ich keine Ruh. – Geliebte, sag mir, wo bist du? Schuf Gott dich nicht aus  ... weiter [in der pdf] ... 

26.8.: Lars Heldt: Tod und Mann

Ob das Leben leicht ist oder schwer
– ich weiß es nicht mehr, wenn ich diesen hier begegnet bin. Es ist, wie es ist. Und wir alle leben es in der Zeit, die uns geschenkt ist, in dem Tempo, das zu uns passt. „Meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war.“

Wir leben das Leben so nah an unseren Möglichkeiten wie wir können, in wachsenden Ringen und wissen nicht, ob wir den letzten vollbringen – doch versuchen will ich ihn (heißt es in Rilkes Stundenbuch).

Vor dem Angesicht Gottes zu leben: Die Krankheit bleibt uns nicht erspart, nicht das Scheitern, auch nicht der Tod. Das große Aber liegt in den Augen Gottes, die uns zu denen machen, die wir sind und die uns versichern, dass jede und jede/r von uns sein/ihr Leben lebt und ihren Tod stirbt – ein jedes nach seiner Art.

     Texte Einleitung, Zwischentexte, Schluss: Ilse Müllner

Stephan Balkenhol und Bischof Heinz Josef Algermissen im Gespräch neben der 'kleinen Figur' vor dem "Großen Kopf".

Mit etwa 1.300 Menschen war die Sankt Elisabeth Kirche am Sonntagnachmittag, 3. Juni, bis auf die allerletzten Sitz- und Stehplätze besetzt. Kaum jemand verließ die über zweistündige Ausstellungseröffnung, die mit berührender Musik und nachdenkenswerten Beiträgen erstaunliche wie überraschende Blicke auf die Kunstwerke von Stephan Balkenhol in Sankt Elisabeth bot.

Menschliche Stimmen
Eindringlich wie spektakulär begann die Eröffnung. Das „Ensemble 12“ unter Leitung von Regionalkantor Thomas Pieper brachte eine Komposition des vor allem als Romanautor bekannten Helmut Krausser zur Uraufführung. Krausser hatte auf Einladung des Bildhauers, sich in seine Ausstellung künstlerisch „einzumischen“, zwei Sonette für sechs Stimmen a capella vertont. Die Kasseler Konzertsängerinnen und -sänger Traudl Schmaderer, Jeanett Neumeister (Sopran), Michaela Krusche (Alt), Johannes An, Gideon Poppe (Tenor) und Tomás Wija (Bass) ließen Stimmen hören, die erfüllt waren vom menschlichen Miteinander und der eigenen Isolation, vom Spiel und Leid, von der Freude und dem inneren Rückzug, von temporeicher Lebenskraft und zauberhaft Tänzerisches.

Kunst bindet und distanziert
Diözesanbaumeister und –konservator Dr. Burghard Preusler begrüßte die große Gästeschar um den Künstler Stephan Balkenhol, Bischof Heinz Josef Algermissen und die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Eva Kühne-Hörmann. Sein Leitgedanke für die Eröffnung: „Kunst bindet aneinander oder distanziert voneinander, wie wir immer wieder lernen.“

Dank für die Herausforderung
Bischof Heinz Josef Algermissen betonte bei seiner Eröffnungsansprache, die Kirche „brauche die Kunst“ und gleichzeitig hoffe er, dass die Ausstellung „zwischen der Kunsthalle Fridericianum und documenta-Halle eine Bereicherung für die Besucherinnen und Besucher der documenta“ sei. Er dankte Stephan Balkenhol für die „anstoßende Herausforderung“ seiner Werke in Sankt Elisabeth und wies im Konflikt mit der documenta-Leitung einmal mehr die Kritik an der Turmfigur und der Ausstellung vehement zurück. Eva Kühne-Hörmann, Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst, verteidigte in ihrem Eröffnungsgrußwort die Freiheit der Kunst. Sie warb für Toleranz und Dialog. Den will auch der Künstler Balkenhol. Nach dem „Bilderstreit“ wolle er gerne eine „riesen Friedenspfeife mit Frau Christov-Bakargiev rauchen“.

Jeder Mensch ist ein Warum. Stille
Dann dauerte es nur ein paar wenige Sätze, bis in der berstend vollen Sankt Elisabeth-Kirche eine Aufmerksamkeit und Stille entstand, in der man die berühmte Stecknagel hätte fallen hören. "Jeder Mensch ist ein Warum." war einer dieser Sätze, mit denen Pater Elmar Salmann die Zuhörerinnen und Zuhörer in seinen Bann schlug. Die Ansprache des Benediktinermönchs und Professors für Theologie und Philosophie beschäftigte sich mit dem "ausgestellten Menschen" in den Werken von Stephan Balkenhol, eine Kunst, die herausfordert, weil sie, so Salmann, "einem Unsagbaren, das schlecht in Worte zu fassen ist, eine Gestalt gibt." Mit humorvoller Genauigkeit und glaubwürdiger Bescheidenheit entwickelte Pater Salmann seine Gedanken zum Werk Stephan Balkenhols. Der Dialog zwischen Kirche und Kunst sei wie eine Tiefenbohrung aus zwei Richtungen. Ob man sich treffe, sei ungewiss. „Aber vielleicht sind Klopfzeichen zu hören.“ Der Applaus am Schluss wollte nicht enden.

Historischer Moment
Der Kunstwissenschaftler und Künstler Bazon Brock erklärte in seiner Schlussrede den „Mann im Turm“ von Stephan Balkenhol als Symbol für die Freiheit der Kunst, die durch den Turmfigurenstreit in Frage gestellt worden sei und von der Kirche verteidigt würde, wie Bazon Brock. Das sei ein historischer Moment, so der langjährige Initiator der documenta-Besucherschule.

Erwartungsoffen
„Lieber Stephan Balkenhol, Ihr künstlerisches Schaffen regt uns zu so vielen Gedanken und Gefühlen an. Schenken Sie uns heute zumindest ein temporäres Abschlusswort!“ lud Projektleiter Christoph Baumanns, der die Eröffnungsveranstaltung moderierte, den Künstler zum Abschluss ein. Stephan Balkenhol dankte der Kirche für ihr Vertrauen in seine Arbeit, für die freie Hand, die ihm gelassen wurde, für die Standfestigkeit im Bilderstreit und für die Gastfreundschaft, mit der die Kirche seinen Arbeiten in Sankt Elisabeth Raum gibt: „Ich hoffe für diese Ausstellung auf Verbündete und Sympathisanten im Himmel und auf Erden. Auch die Kritiker sind willkommen, denn es zeichnet Kunst aus, wenn sie polarisiert. Ich hoffe, dass der Funken überspringt, auf viele wache, erfahrungsoffene Besucherinnen und Besucher und wünsche Kassel einen spannenden und anregenden Kultursommer!“

Kunst = neue Visionen

Bischof Heinz Josef Algermissen dankte Stephan Balkenhol für die „anstoßende Heraus-forderung“ seiner Werke. - Hier finden Sie das komplette Grußwort zum Download:

Vernissage 3. Juni: Grußworte Bischof Algermissen

Für Stephan Balkenhol war die Eröffnung seiner Ausstellung eine beeindruckende Zeit voller Redekunst, Musik und Poesie. Hier finden Sie seine Abschlussrede im Wortlaut:

Vernissage 3. Juni: Dankesworte Stephan Balkenhol

Hier die Reden von Pater Elmar Salman und Bazon Brock zum Mithören:

Und hier einige Video-Mitschnitte (Marcus C. Leitschuh) von der Vernissage:

Pater Prof. Dr. Elmar Salmann
Der Schriftsteller und Komponist Helmut Krausser
Prof. Dr. mult. Bazon Brock

Das "Ensemble 12" (v.l.n.r.): Traudl Schmaderer (Sopran 1), Jeanett Neumeister (Sopran 2), Michaela Krusche (Alt), Johannes An (Tenor 1), Gideon Poppe (Tenor 2) und Tomás Wija (Bass) unter der Leitung von Regionalkantor Thomas Pieper.
Uraufführung: "All in War with Time for Love" von Helmut Krausser

Gespräch mit Stephan Balkenhol (Mitte) auf dem Künstlertag des Bistums Fulda am 29. Juni 2012 in Sankt Elisabeth, Kassel. Foto (Ausschnitt): onebreaker.de

Die Kunst ist ein Glücksfall
„Was ist der Mensch?“ heißt es in Psalm 8, mit dem das Morgenlob des Künstlertages in der Kasseler Kirche Sankt Elisabeth begann. „Was ist der Mensch?“ ist auch die zentrale Frage, mit der sich die Kunst Stephan Balkenhols auseinandersetzt. Zum Künstlertag des Bistums Fulda hatte Bischof Heinz Josef Algermissen die Künstler und Architekten eingeladen, die mit dem Bistum zusammenarbeiten. Ort des Treffens: die Kirche Sankt Elisabeth, die der Bildhauer Stephan Balkenhol mit Hochreliefs und Skulpturen gestaltet hat – als Raum der Stille, Konzentration und des Gottesdienstes. Mit dabei waren diesmal auch die Mitglieder des Vereins für christliche Kunst e.V. in den Bistümern der Kirchenprovinz Paderborn e.V. (Paderborn, Erfurt, Fulda und Magdeburg), die im Anschluss an den Künstlertag ihre Generalversammlung abhielten.

„Solange der Mensch lebt, balanciert er.“
Vom „Glücksfall Kunst“ sprach Vereinsvorsitzender Prälat Theodor Arens in seinem Grußwort. Er hielt die Ausstellung „Stephan Balkenhol in Sankt Elisabeth“ für eine wichtige Ergänzung zur documenta 13: „Solange der Mensch lebt, balanciert er.“ sagte er in Anspielung auf die Balkenholsche Figur im Glockenturm von Sankt Elisabeth, die für eine heftige Debatte zwischen der katholischen Kirche, der documenta-Leitung und der Stadt gesorgt hatte. Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, der das Morgenlob mit den Gästen feierte, eröffnete seine Predigtmeditation mit dem Staunen des Paulus, ein ganz besonderers Staunen, von dem zuvor im Römerbrief (11,33ff) zu hören war. Paulus staunt über das Erbarmen Gottes als Reaktion auf den Ungehorsam des Menschen.

Die Kunst Stephan Balkenhols bewirkt unser Staunen
Weihbischof Diez: „Alle wirkliche Weisheit beginnt mit dem Staunen über Welt, Mensch und Gott.“ Die Kunst Stephan Balkenhols in Sankt Elisabeth, so Diez, bewirkt in besonderer Weise immer wieder unser Staunen, zum Beispiel das „Augenkreuz“. Das sind vier quadratische schwarze Holztafeln mit zahlreichen Augen in unterschiedlicher Größe und verschiedenartigem Ausdruck. Das Besondere: Die Tafeln sind so über den Altar gehängt, dass die schmalen horizontalen und vertikalen Leerräume zwischen ihnen eine Kreuzform ergeben. Durch dieses ‚Leerkreuz’ ist das Triumphkeuz der Elisabethkirche in einzigartigen Ausschnitten an Formen und Farben zu entdecken. So wird das „Augenkreuz“ von Stephan Balkenhol nach Ansicht von Weihbischof Diez zu einer „Hoffnungshilfe auf die Würde des Menschen und auf die Größe Gottes hin“.

Eindrucksvolles Gespräch
Zu einem eindrucksvollen öffentlichen Gespräch kam es auf dem Künstlertag zwischen dem Künstler Stephan Balkenhol, Prof. Dr. Christoph Stiegemann, Direktor des Diözesanmusuems Paderborn, und Prof. Dr. Josef Meyer zu Schlochtern, Fundamentaltheologe an der Theologischen Fakultät Paderborn. In einem kundigen Spiel aus Fragen und Antworten loteten die drei das künstlerischen Schaffen des Bildhauers in der Kirche Sankt Elisabeth aus. Warum hat er die Einladung zur Gestaltung dieser Kirche angenommen? Wie steht er zu den religösen Bezügen seiner Arbeiten in Sankt Elisabeth? Warum ist seine Skulpturensprache so zurückhaltend? Die Figuren lassen an die Romanik denken wie geht er mit der Tradition um?

Ein Wunder: Die Figur lächelt oder lächelt auch nicht
Für Stephan Balkenhol war es eine reizvolle Herausforderung, in einem Raum, der mit religiösen Inhalten aufgeladen ist, als freier Künstler zu bestehen. Er nannte es eine „Hochzeit von Skulptur und Architektur“, die in Sankt Elisabeth möglich wurde. „Die Spannung zwischen christlicher Ikonografie und heutigem Menschenbild hat mich besonders interessiert.“ Als er mit seiner Figurenarbeit begann, war die Figur als künstlerische Form eigentlich unakzeptabel. „Aber ich glaubte und glaube an diese Form, will sie jedoch nicht ‚herausschreien’, will keine plakativen Aussagen machen, sondern Offenheit zulassen. Als ich anfing, habe ich erst einmal eine große Recherche in Museen und Sammlungen zum Thema Menschenbild gemacht. Es ging in allen Jahrhunderten immer um Wirklichkeit und existentielle Selbstbespiegelung.“ Angesprochen auf seinen Umgang mit den positiven wie negativen Reaktionen auf seine Kunstwerke sagt Stephan Balkenhol: „Jemand hat mal zu einer meiner Skulpturen angemerkt, dass man an der Figur ein Wunder festmachen kann: ‚Sie lächelt oder lächelt auch nicht.’ Das finde ich spannend.“

Liebe und Leidenschaft zur Kunst
Für Diözesanbaumeister und –konservator Dr. Burghard Preusler, Mitgastgeber für Künstlertag und Vereinsversammlung, waren es intensive und wohltuende Stunden des Miteinanders: „Unsere Verbindung lebt ja nicht nur von der Zusammenarbeit, sondern auch von der Liebe und Leidenschaft zur Kunst und künstlerischen Gestaltung. Dem einmal jenseits des Alltagsgeschäft in Ruhe nachzugehen, dient der Künstlertag. Die Ausstellung ‚Stephan Balkenhol in Sankt Elisabeth’ bot dazu einen inspirierenden Versammlungs- und Gesprächsort.“

(V.l.n.r.) Weihbischof Karlheinz Diez, Prof. Dr. Christoph Stiegemann (Direktor des Diözesanmuseums Paderborn), der Künstler Stephan Balkenhol, Prof. Dr. Josef Meyer zu Schlochtern (Professor für Fundamentaltheologie, Vergleichende Religionswissenschaft und Konfessionskunde an der Theologischen Fakultät Paderborn)
Diözesanbaumeister- und konservator Dr. Burghard Preusler vom Gastgeber Bistum Fulda führte durch den Künstlertag.

Alle Fotos vom Künstlertag: onebreaker.de
Die Nutzung/Veröffentlichung der Bilder bedarf der Zustimmung des Fotografen. Bitte wenden Sie sich an noltenhans@onebreaker.de.

Stephan Balkenhol: Großer Kopf und männliche Figur. 2010/2012 (Foto: onebreaker.de)
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